Das 100x-Objektiv mit Ölimmersion fristet oft ein Schattendasein. Der zusätzliche Aufwand bei Probenvorbereitung und Reinigung sorgt dafür, dass das 100x dann doch viel seltener genutzt wird als gedacht. Ein 60x-Mikroskop-Objektiv zeigt ebenfalls viele Details bei höherer Schärfentiefe und kommt ohne Immersion aus. In Kombination mit einem 15x-Okular kann auch eine Vergrößerung von 900x problemlos erreicht werden.
2) Vorsatzlinsen bzw. Zusatzobjektive / Wechselobjektive für Stereomikroskope
Bei Stereomikroskopen mit Zoomobjektiv lässt sich die Vergrößerung mit Zusatzobjektiven anpassen. Diese sog. Barlowlinsen bzw. Shapleylinsen werden vor die Objektivfassung geschraubt. Es gibt sie mit Faktoren von 0,5x bis 2,0x (modellabhängig). Die Vergrößerung kann also nicht nur erhöht, sondern auch verringert werden. Dies ist z. B. bei größeren Untersuchungsobjekten wie Bauteilen, Elektronik oder Insekten hilfreich.
Ein wichtiger Zusatzeffekt: Zusatzobjektive verändern den Arbeitsabstand und die Schärfentiefe. Ein Faktor < 1,0x erhöht den Arbeitsabstand und die Schärfentiefe, was besonders beim Arbeiten (Sezieren, Löten) hilft.
Es kann beim Arbeiten unter dem Mikroskop sinnvoll sein, eine Optikausstattung zu wählen, die zwar etwas weniger Details zeigt, dafür aber eine höhere Schärfentiefe hat. Dies erzielt man durch eine niedrigere Objektivvergrößerung in Kombination mit höher vergrößernden Okularen. Ein Beispiel: beim BRESSER Biorit ICD-CS 5802530 kann man die Vergrößerung 10x auf zwei verschiedene Wege erreichen:
0,5x-Objektiv, 20x-Okularpaar
1,0x-Objektiv, 10x-Okularpaar
Die erste Kombination hat mehr Arbeitsabstand und mehr Schärfentiefe als die zweite, die zweite Kombination zeigt feinere Details.
3) Zusätzliche Mikroskop-Okulare
Die maximal mögliche (förderliche) Vergrößerung kombiniert aus Objektiv- und Okularvergrößerung liegt bei allen Mikroskopen höher, als mit einem 10x-Okular erzielt werden kann. Das Objektiv zeigt feinere Details als nur mit dem 10x-Mikroskop-Okular nachvergrößert gesehen werden kann. Hier kann man viel mehr herausholen!
Als Faustformel gilt:
Numerische Apertur des Objektivs x 1000 = förderliche Vergrößerung
Die numerische Apertur (NA) ist oft auf dem Mikroskop-Objektiv aufgedruckt. Gemäß der Faustformel oben kann mit einem einfachen 40x-Objektiv mit NA 0.6 ohne Qualitätseinbußen eine Vergrößerung von 600x erzielt werden. Hierzu wird dann statt dem mitgelieferten 10x- ein 15x-Okular benötigt.
Für Stereomikroskop-Objektive ist es unüblich, die num. Apertur anzugeben. Diese liegt bei niedrigen Vergrößerungen aber relativ höher als bei hohen Vergrößerungen. Dies führt dazu, dass bei Stereomikroskopen auch Okulare mit 20x oder 25x noch gewinnbringend eingesetzt werden können. Auf diese Weise können am Stereomikroskop je nach Modell auch Vergrößerungen im Bereich von 50x-100x erzielt werden – unter Beibehaltung von hoher Schärfentiefe und großem Arbeitsabstand.
Es macht also Sinn, je nach Anwendung des Mikroskops einmal über ein Upgrade nachzudenken. Das Mikroskopieren mit gut abgestimmter Vergrößerung macht viel mehr Freude, ist ergonomisch und führt zu besseren Ergebnissen.
Glossar:
Achromat: ein mehrlinsiges Objektiv, bei dem Farbsäume vermindert sind. Das Bildfeld ist gewölbt, d. h. zwischen Bildmitte und Bildrand muss etwas nachfokussiert werden.Planachromat: ein mehrlinsiges System mit Plankorrektur. Bildmitte und Bildrand sind gleichzeitig scharf; besonders wichtig bei der Fotografie.
Unendlichoptik: ein System, bei dem das Objektiv ein Bild „im Unendlichen“ erzeugt. Das reale Bild wird erst mittels einer zusätzlichen Tubuslinse sichtbar. Vorteil: Der Abstand zwischen Objektiv und Okular / Kamera kann variiert werden, es können also zusätzliche Komponenten (Filterschieber, Auflichtsystem, Polarisator/Analysator) ohne Weiteres in das Optiksystem integriert oder herausgenommen werden. Gegenteil: Endlichoptik (160).
Numerische Apertur (NA): ein Objektivspezifischer Wert, der das Auflösungsvermögen des Objektivs beschreibt. Je höher die NA, desto feinere Details können aufgelöst werden. Wichtig hierfür ist der Winkel des in die Frontlinse des Objektivs eintretenden Lichtkegels (Öffnungswinkel). Der Lichtkegel muss vom Kondensor bzw. der Kondensorblende passend geformt werden, damit das Objektiv seine maximale Auflösung bringen kann. Eine NA ist daher nicht nur auf dem Objektiv sondern auch auf dem Kondensor aufgedruckt. Werte > 0.9 erfordern in der Regel (Öl-)Immersion.
Die Numerische Apertur kann man mit der Blendenzahl (Offenblende) in der Fotografie vergleichen. Abblenden des Objektivs und damit Erhöhen der Schärfentiefe und des Kontrasts (aber Verringern der Detailauflösung) erfolgt in der Mikroskopie nicht am Objektiv selbst, sondern mittels Kondensorblende.